Die Leute sagen, dass Dr. Edward O. Thorp DAS Buch über Blackjack geschrieben hat und dies ist keine Übertreibung. Bereits im Jahr 1962, als fast jeder dachte, Blackjack sei ein Glücksspiel, benutzte der Universitätsprofessor Computer, um ein System zur Aufdeckung mathematischer Vorteile am Tisch zu erarbeiten. Der Bestseller von Thorp mit dem passenden Titel „Beat the Dealer“ (Schlag den Händler) legte ein Kartenzähl System, das auch heute noch im Einsatz ist, dar. Es wird immer noch zum Ärger der Casinobosse zum Gewinnen verwendet.

Auf dem Weg dorthin baute Thorp eine umfangreiche Bibliothek mit Ressourcenbüchern auf. Sie befassten sich mit allem – von Casino Spielen bis hin zu Pferderennen. Nachdem sich Thorp kürzlich in Blackjack Ball verliebt hat – ein geheimes Treffen von Vorteilsspielern, das auf Einladung jährlich in Las Vegas stattfindet und vom Barona Resort und Casino gesponsert wird – spendete er seine Glücksspielbibliothek großzügigerweise an Max Rubin, den Gründer des Balls. Um Geld für zukünftige Balls zu sammeln, plant Rubin, die Inhalte aus dem Lesesaal von Thorp nach und nach zu versteigern.

Beim letzten Blackjack Ball, der im Februar dieses Jahres stattfand, gingen fünf der wertvollen Titel an die Höchstbietenden. „Einige der Bücher besitzen versteckte Kommentare, die ich für mich selbst angebracht habe“, sagt Thorp, der sicherlich etwas an die Ränder vom „Weekend Gambler's Handbook „(Handbuch für den Wochenendspieler) von Major Arteburn Riddle, Besitzer der Dunes, geschrieben hat. Riddle war bestimmt mehr daran interessiert war, Dummköpfe zu besiegen als sie zu erziehen. „Ich habe mich einmal mit Major Riddle in Chicago getroffen und er wollte mit mir einen Blackjack-Freeze-out gegen sein Casino machen.“

Die Titelseite von Thorps Bestseller „Beat the Dealer“

In Erinnerung daran, dass sie sich in einem Hotelzimmer trafen und dass Riddle keine Unterhosen und „Boxershorts, die nicht besonders geschlossen waren, trug“, sagt Thorp, dass es anfangs so aussah, als ob dies ein guter Ort für ihn sein könnte. „Ich sagte, ich würde es tun, aber ich stelle Bedingungen“, fährt Thorp fort. „Ich sagte, dass der Händler kurze Ärmel tragen müsse [um die Möglichkeiten, dass er betrüge, zu minimieren]. Riddle sagte dazu nein. Ich wollte auch die Aktion auf Video aufnehmen, damit ich Betrugsaktivitäten erkennen konnte, die man im Moment nicht ausfindig machen kann. Auch dazu sagte er nein. Dann wollte er, dass ich 30 Tage lang spiele und einen Monat herumsitze, während ich versuche, 100.000 Dollar zu gewinnen. Es war mir die Sache nicht wert.”

Allein diese Entscheidung gibt eine Vorstellung davon, wie viel Thorp aus den Casinos herausholen konnte. Stets ein unabhängiger Denker, entwickelte er sein Kartenzählsystem im Laufe eines Sommers mithilfe von raumgroßen Computern am Massachusetts Institute of Technology.  Als seine Technik perfektioniert war, war Thorp gebrochen. So fand er ein Paar Geldgeber und setzte sein Kartenzählsystem ein. „Wir haben auf der ersten Reise 11.000 Dollar gewonnen“, erinnert sich Thorp. „Über [einen Zeitraum von] drei Jahre[n] gewann ich eine Viertelmillion Dollar, die jedoch [zwischen Thorp und seinen Sponsoren] geteilt wurden.“

Trotz des finanziellen Aufschwungs hatte Thorp eine größere Idee im Kopf. Ohne jemandem davon zu erzählen, arbeitete er heimlich an dem Buch, das „Beat The Dealer“ werden sollte. Dann traf er auf einen Verkäufer aus einer Tochtergesellschaft des großen Verlages Random House. „Er hörte, was ich mit der Kartenzählung mache, und sagte, ich solle ein Buch schreiben“, erzählt Thorp weiter. „Ich gab ihm 10 Kapitelüberschriften  und das Buch wurde sofort gekauft. Ich habe es in sechs Monaten geschrieben und mir den Titel „Beat The Dealer“ ausgedacht. Das Buch kam heraus und, was den Umsatz betrifft, geschah nichts damit.“

Dann erhielt Thorp Publizität durch Artikel über ihn in den Zeitschriften Sports Illustrated und Life. „Zu diesem Zeitpunkt wurde es auf die Bestsellerliste gesetzt“, sagt Thorp und fügt hinzu, dass er kurz darauf aufhörte zu spielen. „Ich hätte mehr Geld mit Blackjack verdienen können [als beim Schreiben eines Buches darüber]. Aber ich wollte so ein Leben nicht. Mein Ziel war es, ein Akademiker zu sein, der mit klugen Leuten spricht und Spaß dabei hat. Am ‚Auspressen‛ hatte ich kein Interesse.“

Dr. Edward Thorp

Aber er hat viele abgenutzte Bücher zu diesem Thema. Zu den anderen Titeln, die unter den Hammer bei der Blackjack Ball-Auktion kamen, gehörte ein einflussreicher, zukunftsträchtiger Blackjack-Wälzer namens „Turning the Tables on Las Vegas“ (Den Spieß in Las Vegas umdrehen), veröffentlicht unter dem Pseudonym Ian Anderson. Es war Thorp gewidmet. Am anderen Ende des Spektrums: das fragwürdige „Playing Blackjack as a Business“ (Blackjack spielen als Geschäft) von Lawrence Revere. Es erhielt scharfe Rügen vom Kartenzählmeister. „Revere sagt, dass man einen Vorteil von 3,5 Prozent erzielen kann, wenn man seine Wette nicht verschiebt“, sagt Rubin und gibt Ratschläge, die offenkundig falsch sind. „Auf die Seite schrieb Ed: „Quatsch!“ Und fügte das Gleiche überall dort hinzu, wo Revere ähnliche Behauptungen aufstellte.“

Jeder, der Thorps Autorität in solchen Angelegenheiten in Frage stellt, braucht ihn nur daran erinnern zu hören, wie verlierende Casinos ihn zurückdrängten, wenn sich herausstellte, dass er Spiele mit unanfechtbaren Vorteilen spielen konnte. „In einem Casino versuchten sie immer wieder, mir Alkohol zu bringen, wenn ich um Kaffee mit Sahne und Zucker bat“, sagt  Thorp. Nachdem er schließlich bekam, was er wollte, trank Thorp  den Kaffee „und plötzlich konnte ich nicht mehr zählen. Meine Pupillen waren groß. In der nächsten Nacht brachten sie mir ein Glas Wasser. Ich legte einen Tropfen auf meine Zunge und konnte wiederum nicht zählen. Wenn ich das ganze Glas getrunken hätte, könnten Sie jetzt nicht mit mir sprechen.“ Die Casino-Manager waren so verzweifelt bemüht, Thorp und seine Blackjack Gewinnstrategien loszuwerden, dass sie darauf zurückgriffen, ihn sogar unter Drogen setzen.

Thorps Spieltage liegen lange zurück – wie in seinen fantastischen Memoiren „A Man for All Markets“ (Ein Mann für alle Märkte) beschrieben, hat er das größte Casino der Welt, die Wall Street, erfolgreich besiegt, indem er Spieltheorien erweitert und sie auf den lukrativeren Handel mit Wertpapieren angewendet hat – aber er  nimmt mit großer Freude jedes Jahr am Blackjack Ball teil. Wie es sich gehört, wird Thorp wie ein Rockstar gefeiert, aber der Reiz des Balls geht weit über einen Ego-Push hinaus. „Ich gehe dorthin, um mit sehr interessanten Menschen aus der Glücksspielwelt zu interagieren“, sagt Thorp. „Eine Sache, die ich mag, ist, zu sehen, dass der Samen, den ich mit „Beat the Dealer“ ausgesät habe, vielen Menschen geholfen hat, wohlhabend zu werden und eine lohnende Karriere zu haben. Ich hatte nicht erwartet, dass dies geschehen würde.“

Thorp spielt Blackjack

Während er es genießt, über den Stand des Spiels auf dem Laufenden gehalten zu werden – „Es wurde von einer Nebenwette in einem Ostküsten-Casino gesprochen, die die Spieler ausnutzten, sie gewannen ein paar Millionen Dollar  und davon zu hören war ein Highlight“ – ging Thorps Beziehung zum Casinospiel bei mindestens einer Gelegenheit in der jüngsten Vergangenheit während des Blackjack Ball-Wochenendes über die verbale Phase hinaus. Es geschah, nachdem er den MIT Blackjack-Teampionier John Chang und ein paar andere zum Mittagessen in einem Strip-Casino getroffen hatte. 

Sie wollten ein Foto neben einem Blackjack Tisch machen, aber ein Mitarbeiter sagte der Gruppe, Fotos seien nicht erlaubt. „Also haben wir ein wenig gespielt“, sagt Thorp und erinnert sich, dass dies sein erstes Mal seit Jahrzehnten in Aktion war (Chang war von der Erfahrung fasziniert). „Ich hatte kein Geld bei mir, John lieh mir ein wenig zum Spielen und wir gewannen 3.000 oder 4.000 Dollar. Dann verließen wir die Spielhölle und machten trotzdem ein Foto. Das Casino hätte sich etwas Geld sparen können.“

Doch können Gaming-Bosse aufatmen, denn es besteht keine Chance, dass es Thorp es mit Blackjack wieder ernst meint und wieder ernsthaft Geld aus ihren Kassen holt. „Als ich anfing zu spielen, war es faszinierend“, erklärt er. „Dann wurde es Arbeit und Plackerei. Zu diesem Zeitpunkt zog ich weiter und jetzt ist das Casinospielen zu kleinformatig. Ich müsste hart arbeiten, um ein paar Millionen im Jahr zu verdienen und das lohnt sich nicht.“

Michael Kaplan ist ein Journalist, der in New York City lebt. Er hat für Publikationen wie Wired, Playboy, Cigar Aficionado, New York Post und New York Times ausgiebig über das Glücksspiel geschrieben. Er ist Autor von vier Büchern, einschließlich „Aces and Kings: Inside Stories” und „Million-Dollar Strategies from Poker’s Greatest Players”.

Er ist bekannt dafür, selbst ein bisschen zu spielen, wenn der Zeitpunkt richtig erscheint.